Eugen Drewermann über Frieden, Politik und Psychoanalyse

In einem tiefgründigen Gespräch mit Eugen Drewermann, einem bekannten Theologen, Psychoanalytiker und Autor, wurden wichtige Themen wie Frieden, internationale Politik und die Rolle der Psychoanalyse in der heutigen Welt diskutiert. Drewermann, dessen jüngstes Buch “Nur durch Frieden bewahren wir uns selber” eine zentrale Rolle spielte, teilt seine Einsichten und Bedenken über aktuelle globale Herausforderungen und beleuchtet den dramatischen Wandel.

Vom Frieden zur Eskalation: Ein Gespräch mit Eugen Drewermann

Hätten Sie sich vor einigen Jahren vorstellen können, dass Politik und Medien sich binnen Stunden remilitarisieren und 70 Jahre Verständigungspolitik abstreifen würden? Dies ist eine Frage, die viele von uns in jüngster Zeit beschäftigt hat, stellt Drewermann fest (1). In diesem Artikel werden die wichtigsten Punkte aus dem Gespräch herausgegriffen und näher betrachtet. Wir werfen einen Blick auf die Entwicklungen, die zur aktuellen Eskalation zwischen Russland und dem Westen geführt haben, und versuchen zu verstehen, wie es dazu kommen konnte.

Der Tag der Wiedervereinigung Deutschlands

Unser Gespräch mit Eugen Drewermann fand am Tag der Wiedervereinigung Deutschlands statt, einem historischen Ereignis, das auf das Jahr 1989 zurückgeht. Drewermann betont die Bedeutung dieses Tages und erinnert daran, dass die Wiedervereinigung Deutschlands auf einem bemerkenswerten Friedensangebot des damaligen Russischen Präsidenten Gorbatschow in den späten 80er Jahren basierte (2). Michail Gorbatschow war der Präsident der Sowjetunion von März 1990 bis Dezember 1991 (3).

Gorbatschows vergessene, erste Friedliche Revolution

Michail Gorbatschows Angebot sah die Entmilitarisierung von Moral bis zum Atlantik (x) und die Umleitung von Ressourcen weg von militärischen Ausgaben hin zur Lösung drängender globaler Probleme wie Hunger, Elend, Ungerechtigkeit und Kriegsgefahr vor. In einer bedeutenden Rede vor den Vereinten Nationen im Dezember 1988 verkündete Gorbatschow zudem den geplanten Abzug (5) und die Auflösung von sechs Panzerdivisionen in der DDR, der Tschechoslowakei und Ungarn bis zum Jahr 1991. Dieses Angebot hatte das Potenzial, die internationale Sicherheitslandschaft zu verändern.

Die Versprechen des Friedens und die Realität der Kriege

Eine der ersten Thesen, die Drewermann anspricht, ist die Diskrepanz zwischen den politischen Versprechen des Friedens und der Realität von Kriegen (6). Er erinnert daran, wie politische Führer, wie der ehemalige US-Außenminister James Baker, und auch Bundeskanzler Helmut Kohl in den 1990er Jahren den Russen nach dem Ende des Kalten Krieges Frieden versprachen. Diesen Versprechungen folgten jedoch zahlreiche Kriege, darunter der Irakkrieg, der mit fragwürdigen Argumenten begann.

Die Enttäuschung über gebrochene Versprechen: NATO-Osterweiterung und die Folgen

Eugen Drewermann hebt hervor, dass politische Zusicherungen, die in den 1990er Jahren gemacht wurden, gebrochen wurden. Trotz der Versprechen, dass die NATO sich nicht weiter nach Osten ausdehnen würde, geschah genau das. Die USA sahen darin jedoch keine Aufforderung zum Frieden, sondern eine Schwäche Russlands. Die Idee der Alleinherrschaft der USA, die in den Jahren nach dem Kalten Krieg propagiert wurde, führte zu einer aggressiven Hegemonialpolitik und enttäuschte die Hoffnungen auf eine friedliche Koexistenz.

NATO-Osterweiterung: Zwischen politischen Zusicherungen und Uneinigkeit

In Bezug auf die NATO-Osterweiterung gibt es kontroverse Behauptungen über politische Zusicherungen, die während der Verhandlungen zur deutschen Wiedervereinigung gemacht wurden. Einige Quellen behaupten, dass westliche Politiker Zusagen gemacht haben, dass die NATO nicht weiter nach Osten ausgedehnt werden würde (6/7/8/9). Dennoch gab es innerhalb der westlichen Welt Uneinigkeit über den künftigen Status Deutschlands und darüber, welche Länder zu welchem Zeitpunkt der NATO beitreten sollten. Diese Uneinigkeit hat zu Debatten über die Gültigkeit dieser Versprechen geführt und wirft Fragen zur historischen Entwicklung der NATO auf.

Enttäuschte Hoffnungen: Russlands Streben nach Frieden und westliche Interessen

Die Hoffnung auf eine friedliche Zusammenarbeit zwischen Russland und dem Westen wurde auf ganzer Linie enttäuscht. Trotz Putins Bemühungen, ein friedliches Miteinander zu ermöglichen, setzten die westlichen Staaten weiterhin auf ihre eigenen aggressiven Interessen. Eugen Drewermann erinnert daran, wie Putin bereits 2007 vor der drohenden Gefahr eines neuen Kalten Krieges warnte (10). Seine Warnungen wurden jedoch in den westlichen Medien weitgehend ignoriert, und die Chance auf eine konstruktive Zusammenarbeit schien verloren.

Von der Vision des Friedens zur Realität der Konfrontation

Das Gespräch mit Eugen Drewermann verdeutlicht die rasante Veränderung der politischen Landschaft und der Medienlandschaft, die in den letzten Jahren stattgefunden hat. Von der Vision des Friedens, die mit der Wiedervereinigung Deutschlands und den Versprechen des Kalten Krieges verbunden war, sind wir heute weit entfernt. Stattdessen sehen wir eine Eskalation der Konfrontation und eine gefährliche Spirale von Rüstung und Krieg. Es ist an der Zeit, die Rolle der Medien und die Psychologie der Masse zu hinterfragen, unsere Ängste zu überwinden und nach spirituellen und psychoanalytischen Ansätzen zur Lösung der globalen Herausforderungen zu suchen.

Herausforderung der Friedenssicherung: Zwischen politischen Versprechungen und realer Gewalt

Frieden ist nicht nur ein politisches Ideal, sondern ein tiefgreifender, innerer Prozess und eine kollektive Transformation. Die Diskrepanz zwischen den politischen Friedensversprechen und der grausamen Realität von Kriegen ist allzu bekannt. Die Prävention von Krisen und Gewaltkonflikten (11) ist zweifellos eine zentrale Aufgabe der internationalen Politik. Durch frühzeitige Erkennung und effektive Vermeidung gewaltsamer Eskalationen könnten jährlich Tausende von Menschenleben gerettet werden. Es ist jedoch von entscheidender Bedeutung, die Kluft zwischen politischen Versprechungen und ihrer tatsächlichen Umsetzung zu überbrücken, um eine nachhaltige Friedenssicherung zu gewährleisten.

Kluft zwischen Worten und Taten: Die Herausforderung politischer Friedensversprechen

Es ist unerlässlich, zu verstehen, dass politische Friedensversprechen nicht immer gehalten werden. Ein bemerkenswertes Beispiel ist der sogenannte “demokratische Frieden” (12), der oft zur Rechtfertigung einseitiger Weltordnungsvorstellungen dient. Allerdings erfordert ein globaler “demokratischer Frieden” (13) die Kooperation selbst mit nichtdemokratischen Staaten. Die schmerzhafte Realität zeigt, dass diese Versprechen oft von Kriegen begleitet werden. Es ist von entscheidender Bedeutung, die Diskrepanz zwischen Rhetorik und Handeln zu erkennen und hart daran zu arbeiten, sie zu überwinden.

Quellen

  1. Es gibt eine Diskrepanz zwischen Rhetorik und Realität1
  2. Friedensangebot des damaligen Russischen Präsidenten Gorbatschow
  3. Michail Gorbatschow war der Präsident der Sowjetunion
  4. Gorbatschows Rede vor den Vereinten Nationen im Dezember 1988
  5. Möglicherweise getroffene Zusagen westlicher Spitzenpolitiker
  6. Westliche Diplomaten entlarven die NATO-Lüge über Versprechen an Rußland im Jahr 1990
  7. NATO versprach 1990 keine weitere Osterweiterung
  8. Legende von gebrochenen westlichen Versprechen
  9. Die Spirale der Angst
  10. Krisen- und Gewaltprävention
  11. Der “demokratische Frieden” und seine außenpolitischen Konsequenzen
  12. Frieden durch weltweite Demokratisierung? – JSTOR